Ohne Klassik keine Moderne
KABARETTKONZERT DAS DUO „PRO: C-DUR“ ERKLÄRT, WO DIE WURZELN AKTUELLER MUSIK LIEGEN
BÜTTELBORN - Wer Spaß am skurrilen Brückenschlag von Klassik zu Rockmusik und Heavy Metal hat, wer es liebt, Schlagertexte auf ihre Unsinnigkeit und Kompositionen auf abgekupferte Elemente zu untersuchen, der war im Café Extra richtig: Das Kulturteam um Claudia Weller begrüßte zum Kabarettkonzert Timm Beckmann und Markus Grieß alias „Pro: c-dur“.
Jahrhunderts kombiniert. Markus Grieß an der E-Gitarre Eigenwilliges Programm auch etwas für Ältere
sorgte für den Rhythmus, durch den liebliche Mozartklänge am Piano ratzfatz ins Rockige übergingen. Sowohl Klassik- wie auch Heavy-Metal-Fans im Publikum kamen damit auf ihre Kosten. Vorausgesetzt, sie hatten Sinn für dieses krasse Cross-Over. Die Mienen der durchweg älteren Zuhörer indes bezeugten, dass das eigenwillige Programm gefiel.
Timm Beckmann ist der Frontmann im Duo, der tonangebende Plauderer. Musikalisch schlug der Pianist die Töne meisterhaft an, er könnte durchaus als Konzertpianist überzeugen. Doch Beckmann gibt sich gern originell und unkonventionell.
Schön, wie er Mozart, Chopin oder Bizet zelebrierte – indes: Der Wohllaut währte jeweils kurz. Als pianistischer Schelm wechselte er flugs zum Synthesizer-Sound, inszenierte ein Cross-Over, das – unbekümmert um mögliche Irrtümer – nachwies, dass etwa Mozart und der Songwriter Pharrel Williams („Happy“) jede Menge gemeinsam haben: Eindeutig ließ sich Pharrel vom berühmten Genie inspirieren. Jeden Morgen nach dem Aufstehen höre Williams Mozart, habe er auf Nachfrage erfahren, erzählte Beckmann. Ist das nun wahr oder geflunkert?
Egal: Timm Beckmann nimmt es damit nicht so genau, folgt instinktsicher seinem Gehör sowie der Kenntnis in Kompositionstechnik, um mit Witz Anleihen musikalischer Klänge des 18. Jahrhunderts im Heute nachzuweisen. Andreas Bourani jedenfalls, spätestens seit der Fußball-WM 2014 ein musikalischer Held, habe durch klassische Musiken viel über Melodik gelernt, meint Beckmann.„Das Problem ist nicht Helene Fischer...“Oder auch: „Wenn es bei David Garrit heißt ‚Viva la Vida’, dann heißt es bei Bourani ‚Ein Hoch aufs Leben‘.“ Vergnüglich zerpflückt Timm Beckmann die Hits von Zeitgenossen, weist letztlich nach, dass ohne Klassik keine Moderne möglich wäre, ja, dass wohl bisweilen abgekupfert werde. Sollte etwa Neid die Antriebsfeder dieses Rotstift-Kabaretts sein? Nein, keinesfalls, beteuert Beckmann, er trete viel, viel lieber im beschaulichen Café Extra auf als in der Commerzbankarena, wo Helene Fischer Erfolge feiert. Ungläubiges Lachen im Saal. Beckmann: „Das Problem ist nicht Helene Fischer, das Problem sind die Leute, die Helene Fischer hören.“Und überhaupt: Der Sprache deutscher Schlager werde zu wenig Aufmerksamkeit zuteil. Allein schon grammatikalisch sei da vieles falsch: „Marmorstein und Eisen bricht“ war 1965 der Hit, der Drafi Deutscher berühmt machte. Dabei hätte das Verb doch im Plural stehen müssen, moniert Timm Beckmann.
Doch zurück zur rasanten, musikalischen Reise durch die Jahrhunderte: Die zelebrierten Timm Beckmann und Markus Grieß als imposantes Medley. Und als Musiker haben sie unbestritten eine Menge drauf. So kam auch der Zuhörer, dem das Entertainment der Show vielleicht weniger zusagte, in den Genuss großartig gespielter Musiken. Das Publikum spendete am Ende großen Beifall.

Quelle: Groß-Gerau Echo vom 07.06.2016 – Charlotte Martin (Text), Robert Heiler (Foto)