Lage ist zu ernst, um witzig zu sein
CAFÉ EXTRA UNTERWEGS: HG Butzko setzt im Worfelder Bürgerhaus auf pointierte Sprachbilder

WORFELDEN - Es war Fastnacht. Er saß vorm Fernseher und lachte Tränen – bis er merkte: „Das ist gar nicht Mainz bleibt Mainz, was ich da gucke, sondern eine Pressekonferenz mit Martin Schulz, dem Louis de Funès der deutschen Politik: Ja...nein...doch!“
Hans-Günter Butzko – „HG Butzko“ – skizzierte am Sonntagabend im Bürgerhaus (Café Extra auf Tour) unter dem Titel „Menschliche Intelligenz oder: Wie blöd kann man sein?“ das beklemmende Szenario einer von Doppelmoral und Pharisäertum dominierten Politik sowie eine in Folge von Respektlosigkeit und Diskriminierung geprägten Gesellschaft. Und damit sprach er nicht allein das deutsche Elend wankelmütiger Politiker an, die es seit Jahrzehnten nicht geschafft hätten, etwas gegen die Bildungsmisere zu tun, sodass „die Blödbirnen Pegida auf den Leim gehen“, sondern er skizzierte eine von Krisen und Kriegen gebeutelte Welt, aus der inhumane Politik maximalen Gewinn herausschlägt. In Wahrheit regiere die Angst vorm Rechtsruck („Mit 12,6 Prozent haben die Wähler beim Urnengang den politischen Anstand zu Grabe getragen“) sowie menschenverachtender Kapitalismus, der Waffenexporte etwa nach Syrien oder in den Sudan verdoppelt habe.
Butzko, mit Schirmmütze leger am Bistrotisch lehnend, gab den Mahner ab, wohl wissend, dass die Lage eigentlich zu ernst ist, um noch witzig zu sein. Dass es dem Meister des politischen Kabaretts dennoch gelang, die Denkleistung aktivierendes Lachen hervorzulocken, war pointierten Sprachbildern zu danken: „Wenn Alice Weidel sagt, die AfD sei das Fieberthermometer der Gesellschaft, trifft das den Kern. Denn wo steckt man das Fieberthermometer rein?“ Oder: „Wir befinden uns im Sandwichangriff – hier die Islamisten, da der Nationalismus.“ Und: „Vieles ist kritikwürdig – die Regierung, das System, die Flüchtlingspolitik. Aber AfD zu wählen, das ist, als lutsche man in einer Kneipe an der Klobürste, bloß weil’s Bier nicht schmeckt.“ Butzko gab im Sketch als „Chris Die Motten“ den dreisten Fragesteller: „Kann ein Neonazi als DJ arbeiten, wenn er den Unterschied zwischen 33 und 45 nicht kennt?“ Und sympathieheischend gestand er bei nachlassender Konzentration im Saal ein: „Ich weiß, das hier ist Gehirnjogging, aber wir liegen ja auch nicht mit der Chipstüte auf dem Sofa.“
Knallharte Fakten folgten: „Durchschnittlich gibt es täglich einen Angriff auf eine Flüchtlingsunterkunft. Was meinen Sie, wie sich Flüchtlinge hier fühlen?“ Als Terroranschläge würden Angriffe immer dann bezeichnet, wenn sie von Islamisten ausgingen, so Butzko. Indes: „Egal, wer Verursacher ist: Wenn Fanatismus gepaart ist mit Gewalt, wird’s gefährlich.“
Zur Pause gab’s verschiedenste Meinungen zum Programm. „Richtige Brüller sind nicht dabei“, meinte eine Dame. Und: „Butzko tritt manchem ganz schön auf die Füße.“ Andere waren begeistert: „Er ist klasse, nennt die Dinge beim Namen“, sagte ein Paar. In der Tat: Butzko redete Tacheles.
Im zweiten Teil widmete er sich der Gewichtung der Religionen in unserer Gesellschaft und stellte fest, dass Politik unter deren Ansprüchen – etwa mit Islamunterricht an Schulen – leicht einknicke. Er entwarf bissige Parallelen: „Sechs Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Fünf Prozent Superreiche.“ Und: „Islamistische Selbstmordattentäter hoffen auf Jungfrauen im Himmel. Der Kapitalist nimmt sich Jungfrauen schon im Diesseits.“ Das Spekulantentum hätten sie gemeinsam. HG Butzko resümierte: „Religionen sind Kartelle zur Durchsetzung von Machtansprüchen. Schulkinder aller Kulturen sollten lieber durch die Vermittlung der Evolutionstheorie gegen religiösen Fanatismus gefeit werden. “
Quelle: Groß-Gerauer Echo vom 27.2.2018 / Text: Charlotte Martin / Foto: Marc Schüler von Vollformat