Medienecho

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Reise durch Kindheitsjahre und besorgter Blick aufs Wahljahr

Ob Christian Döring mit seinem Bruder Udo Döring zur „Babbelbank“ einlädt oder ob er als Solokabarettist gastiert: Die Sympathien sind ihm gewiss. Für sein fünftes Soloprogramm „Wo bitte geht’s zum Arsch der Welt?“ hatte das Café-Extra-Team zwei Abende angesetzt, die jeweils ausgebucht waren – das Publikum war begeistert.

Wie Döring in Manier des „Worfelder Gasskehrers“ geistreich und authentisch den Bogen vom Mist vor der Haustür zu den Krisen der Welt spann, traf den Nerv der Gäste, wozu vor allem Dörings Altersgenossen, die „Babyboomer“ zählten. Er startete per Video, erklärte auf Großleinwand, wie aufgeregt er vor dem Auftritt sei, während hörbar die Toilettenspülung rauschte. Witzig war sogleich intime Nähe hergestellt, und als er dann auf der Bühne stand, schien es, als wäre er der Wohnzimmergast. „Als Euer Reiseleiter durch den Abend sage ich mit Goethe: Man reist nicht, um anzukommen, sondern um zu reisen“, eröffnete er die Tour durch Büttelborn und den Rest der Welt, die letztlich Mahnung war, für Demokratie einzustehen. Er warf den Gästen als „Board-Service“ Gummibärchen zu: „Wer hat eine Ampel abgekriegt? Rot, Gelb, Grün?“ Vom Blick auf Klein-Gerau und Worfelden, der sich von der Startbahn West aus bietet, kam Döring auf die Ampel-Koalition zu sprechen – „Flach wie ein Flachstart“ – und blickte aufs Wahljahr 2025: „Es kann ja nur noch aufwärtsgehen.“ Auch das Reisen bezeichne im germanischen Wortstamm ursprünglich das sich Erheben: „Wir erheben uns jeden Morgen neu, sagen uns: Ich raff mich uff!“

Dörings Flug der Gedanken führte mit leiser Wehmut zurück in Kindheitsjahre, als sich die Welt für den Bub mit Donald Duck, Wum und Wendelin, der Mondlandung, Superman und Petz-Bonbons noch harmlos ausnahm. Das Publikum freute sich daran. Heute indes habe der Herzschlag von Kindern und Jugendlichen einen anderen Rhythmus, schlug Döring die Kurve in die Gegenwart: „Tik-tok-tik-tok.“ Und er stellte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos) die Frage: „Sollten wir nicht die Vorfahrtsregel rechts vor links abschaffen?“

Büttelborn habe das Wahljahr eingeläutet, Bürgermeister Marcus Merkel (SPD) seinen Titel verteidigt. Erschreckend aber sei der Blick aufs Ganze, auf politischen Filz, „die Globalisierung der Scheinheiligkeit“ mit weltweit Billiarden Militärausgaben: „Gott saß am Hausaltar und schauderte: Hab ich das wirklich alles geschaffen?“

Wo Elon Musk und Alice Weidel (AfD) sich auf der Plattform X verbünden, bleibe zu hoffen, dass man sich in einem Albtraum befinde, aus dem man gleich erwachen werde, meinte Döring und blickte zurück aufs Dorf: „Wenn ich sage, ich komme aus Worfelden, höre ich oft: Du wohnst am Arsch der Welt. Aber wo ist der Arsch der Welt wirklich?“ Ein Vorschlag aus dem Publikum fand Beifall: „Der Arsch der Welt ist das Büro von Trump im Weißen Haus.“ Döring sprach von den USA, als dem „Land der unbegrenzten Dämlichkeiten“ und klagte: „Lieber Christoph Kolumbus, hättest du nicht um Amerika herumsegeln können?“

Quelle: Groß-Gerauer Echo vom 10.02.2025 – Text: Charlotte Martin – Bild: Samantha Pflug