Medienecho

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Haigis‘ Hündin setzt den Schlusspunkt

Seitlich der Bühne flackern Kerzen, mittig hat die Sängerin Anne Haigis mit der Gitarre Platz genommen und ihre Hündin Jella legt sich daneben: Nicht lang, und der Hund schlummert entspannt, während die zahlreichen Gäste im Café Extra hingerissen der Sängerin mit der gewaltigen Stimme lauschen.

Anne Haigis, zum 40. Bühnenjubiläum auf Tournee, ist Musikerin mit Leib und Seele, sie brennt für die Lieder, die sie singt – sei es Folk, Blues, Rock oder deutschsprachige Melancholie. Ihre Authentizität und Kraft reißen das Publikum mit, ziehen in Bann. Gut zwei Stunden währte das Konzert der in Bonn lebenden, international renommierten Künstlerin. Die Zuhörer wären ihr gern weit länger durch das Repertoire der Lieder aus den Achtzigern bis hin zu neuen Songs der im Lockdown produzierten CD „Carry on – Songs für immer“ gefolgt. Doch schließlich erhob sich auffordernd die treue Hündin, strebte dem Ausgang zu, und das Publikum, ganz erfüllt vom mitreißenden Sound dieses Abends, spendete anhaltenden Schlussapplaus. Zugaben folgten.

„Ich brauche eigentlich niemanden, ich fülle die Bühne mit meiner Stimme“, gab Jana Schäfer vom organisierenden Fachbereich Kultur Büttelborns im Pausengespräch markante Worte der Sängerin wieder. Es war unbestreitbar: Anne Haigis ist zwar oft erfolgreich mit Band unterwegs, doch ihre Präsenz und der Charme, mit dem sie dem Publikum Einblick in die Entstehungsgeschichte ihrer Lieder gibt, lassen weder Bühnenshow noch begleitende Musik vermissen. Ihre Person, ihr Leben, ihr Gesang sind eins. Sei es der Song, „No Man’s Land“, den der amerikanische Rockmusiker Tony Carey 1990 für sie im Trio mit Eric Burdon schrieb. Sei es der deutschsprachige Song „Um dich doch zu bewahrn“, den sie selbst 1997 in Reflexion ihrer privaten Verbindung zu ihrem Entdecker und Förderer, dem 2020 verstorbenen Musiker Wolfgang Dauner, widmete. Oder der Lovesong „Carry on“, den Franz Benton als Duett für sich selbst und Anne Haigis komponiert hat.

Die Stimme von Anne Haigis ist unverwechselbar, ihre Lieder greifen auf, was sie bewegt. Sogar eine träumerisch rockige Version von Heintjes Hit „Ich bau dir ein Schloss“ aus dem Jahr 1968 – „Es war die erste Platte, die ich mir kaufte“, gestand Haigis – erklingt dank ihrer starken Stimme wie neu. Als den großartigsten Song, der ihrer Ansicht nach je geschrieben wurde, sang Anne Haigis „Waltzing Matilda“, 1977 von Tom Waits komponiert – eine Ballade, die unter die Haut geht. Und als mit Haigis’ Interpretation des legendären Songs „Like a Rock“ von Bob Seger aus dem Jahr 1986 das Konzert ausklang, wirkte dies wie eine persönliche Positionierung der Sängerin – zeitlos energiegeladen: „Like a Rock – hard against the Wind, Like a Rock I see myself again“ – „Wie einen Fels, hart gegen den Wind, sehe ich mich wieder“.

Stunden vor dem Konzert hatte mit Jana Schäfer, zuständig für Bühnentechnik, auch Claudia Weller, Fachbereichsleiterin Kultur, die Sängerin begrüßt. Haigis war bereits zum vierten Mal im Café Extra. „Seit 33 Jahren gastieren im Café Extra immer auch internationale Künstler. Das motiviert und freut uns sehr“, so Weller.

Quelle: Groß-Gerauer Echo vom 23.05.2022 – Text: Charlotte Martin – Bild: Frank Möllenberg