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Büttelborner „Babbelbank“ thematisiert Nahtod-Erfahrung

Dass Laethisia Schimek (31) am Leben ist, gleicht einem Wunder. An jedem neuen Morgen, den sie erleben darf, fühle sie große Dankbarkeit, sagt sie. Die international erfolgreiche Inline-Speedskaterin des Groß-Gerauer Sportvereins (SV) Blau-Gelb war Gast auf der „Babbelbank“ im Café Extra. Wie nah Leben und Sterben beieinanderliegen, machte dieser Abend deutlich, an dem Christian und Udo Döring Aspekte um Sterben, Tod und Bestattung thematisierten.

Das Gespräch zwischen Laethisia Schimek und dem hauptberuflichen Sportreporter Udo Döring berührte die Zuhörer im ausverkauften Saal tief: Die Sportlerin erzählte von ihrer gut fünf Jahre zurückliegenden Nahtod-Erfahrung. Aufgrund fataler Behandlungsfehler nach einem Schlüsselbeinbruch wäre sie an den Folgeverletzungen von Lunge und Herz (ausgelöst durch einen verselbstständigten Draht) fast verstorben.
„Ich hatte meinen Körper schon verlassen, schwebte darüber. Mich erfassten eine große Ruhe und auch ein Bedauern, dass das Leben schon vorbei sein sollte. Meine Familie tat mir leid, denn ich wusste, sie wartete vor dem OP auf mich, aber ich war ja nicht mehr da“, schilderte Laethisia Schimek eindringlich ihre Grenzerfahrung.

Es kommt einem Wunder gleich, dass sie überlebte, dass sie gerettet werden konnte. Schimeks Blick auf das, was im Leben wichtig ist, hat sich komplett verändert. „Über meine sportlichen Erfolge freue ich mich auch heute noch – aber das Wesentliche ist die Dankbarkeit, einfach sein zu dürfen. Dass ich hier bin, reicht völlig aus“, so die Ausnahmesportlerin. 2022, gut drei Jahre nach der Nahtod-Erfahrung, hatte sie sich zurück an die Weltspitze der Speedskater gekämpft und sogar Gold bei den World Games gewonnen.

Musikalisch umrahmte eine noch junge Formation versierter, altbekannter Musiker den Abend. „Shamrock4“ beeindruckte mit irischen Songs und Rockballaden, die von sanfter Melancholie waren. Bandgründer Andreas Klink erzählte als Gast auf der „Babbelbank“ auch aus seinem 35-jährigen Berufsleben als Notfallsanitäter. Täglich konfrontiert mit lebensbedrohlichen Lagen, mit Unfällen und Suiziden, würdigte der Büttelborner die Seelsorge in Notfällen (SiN) sowie die Psychosoziale Notfallversorgung, die auch professionellen Einsatzkräften zur Seite stehe, um die Seele zu entlasten. Andreas Klink sagte: „Die Arbeit im schmalen Bereich zwischen Leben und Tod hat dazu geführt, dass mir viele Dinge nicht mehr so viel bedeuten. Morgens aufzuwachen, sich bewegen und atmen zu können – das ist das Wichtigste.“ Wahrlich: Dieser Themenabend ging unter die Haut. Der Erlös von 2000 Euro aus Eintritt, Förderung der Volksbank sowie Spendenbox ging an die Hospizstiftung Groß-Gerau. Harald Braun vom Stiftungsvorstand legte dar, dass das Ziel der 2021 gegründeten Stiftung näher rücke. 2026 hoffe man, in Groß-Gerau ein stationäres Hospiz zu eröffnen. „Ein Bauplatz ist gefunden, die Abrissgenehmigung fürs alte Gebäude liegt vor, und wir hoffen, ab 2025 bauen zu können“, sagte Harald Braun.

Todkranken, die nicht zu Hause versorgt werden können, ein würdiges, angst-und schmerzfreies Lebensende zu ermöglichen, sei das Anliegen. Der Kreis Groß-Gerau sei der einzige in Südhessen, in dem es bisher kein Hospiz gibt.

Einblicke in Sterben, Trauer und Bestattungskultur hierzulande gab auch der Büttelborner Fotograf Dieter Gölzenleuchter, der im Café Extra einige Schwarz-weiß-Fotografien seiner Serie zu dem Thema präsentierte. Die Fotos waren vor Jahren bereits vielerorts im Kreis ausgestellt und Christian Döring sprach die besondere Sensibilität der Fotos an: „Deine Bilder haben mich im Herzen bewegt.“ Christian und Udo Döring lockerten den Abend in ihrer typischen Babbelbank-Art mit Scherzen, Andekdoten und auch Wissenswertem unter ihrem Motto „Es lebt sich gut mit dem Tod“ auf. Spannend war auch der Einblick in Bestattungsformen aus aller Welt in der Rolle eines Reiseveranstalters für „Trauer-Travelling“ mit dem All-inclusive-Angebot „All you can Fried“. Die Fotoschau zeigte auf, dass es neben der deutschen, oft peniblen und uniformen Friedhofsordnung in vielen Ländern fantasievolle, individuell und farbenfroh gestaltete Ruhestätten gibt.

Quelle: Groß-Gerauer Echo vom 12.04.2024 – Text: Charlotte Martin – Bild: Samantha Pflug