Medienecho

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Roadmovie auf zwei Stühlen in Büttelborn

Zwei Männer sitzen auf zwei Stühlen und sorgen für zwei Stunden umwerfend komische Unterhaltung: Das erlebten knapp 40 Gäste der Kleinkunstbühne Café Extra, als die beiden Wiener Robert Blöchl und Roland Penzinger, die seit 2004 als Duo „BlöZinger“ erfolgreich sind, mit dem Programm „Erich“ alle Register pantomimischer Kunst und dialogischer Blödelei zogen. Die Absurdität eines zerbröselten Familienlebens zu karikieren, gelang ihnen trefflich, wie Lacher und Beifall der Zuschauer zeigten.

 Humorige Anmerkungen zu Beginn des clownesken Abends bereitete das Publikum auf die Reise im klapprigen Fiat vor, der als „Ferrari in außergewöhnlicher Tarnung“ skizziert wurde. Fahrer war Blöchl, Beifahrer Penzinger, der eine klein und rundlich, der andere lang und hager: Erinnerung ans Komikerduo Laurel und Hardy der Stummfilmära kam nicht zufällig auf.

Schneller Wechsel in Gestik, Mimik und Stimmmodulation erlaubte es den Künstlern in der Rolle zweier Brüder, die sich nach Jahren auf der Beerdigung von Vater Erich wieder begegnet sind, im Fond ihres Automobils auch eine Tante, die die Asche des Verblichenen in einer Keksdose bei sich trägt, und deren Freund, einen indischen Guru, mitzunehmen. Los ging’s ins Land der Fantasie – zwei Stühle genügten, um die Illusion zu schaffen, vier Personen säßen beengt im wackeligen Auto.

Wohin ging die Reise? In den Garten des Hauses der Kindheit, wo Vaters Asche im Wind verwehen sollte. Dass sich zudem eine Tasche mit monetärer Beute im Auto befand, die es für einen dubiosen Onkel zu verwahren galt, gab Blöchl und Penzinger den Spielraum, auch James-Bond-Allüren einzubauen.

Neben pointiert komischen Dialogen, bei denen Blöchl am Steuer in stoischer Ruhe und heiliger Einfalt das Pendant zum zappeligen, gewieften Penzinger abgab, waren es die wortlose Situationskomik und Running Gags, die der Reise ihren roten Faden verliehen: So mussten die Brüder mehrfach Kaugummi kauen, wurde doch das altersschwache Vehikel allein von zig Portionen der klebrigen Masse zusammengehalten. Immer wieder hieß es: Kauen, denn jede Menge Klebstoff musste her. .

Pantomimisch blieben bei alledem das Steuer, der Schaltknüppel oder auch defekte Türen des Fiats stets erkennbar, die Illusion war perfekt. Kindheitserinnerungen – „Weißt du noch, als Mama express mit dem Briefträger abgehauen ist? Danach bekam Papa Tobsuchtsanfälle, wenn er gelbe Postautos sah“ – wurden im Wiener Dialekt melancholisch komisch serviert. Trübe Bemerkungen zum Tod des Vaters – „Wie klein er jetzt ist in der Keksdose“ – reizten zum Lachen. Und wenn Blöchl in heiter-indischen Tonfall verfiel, um den Guru im Fond weise sagen zu lassen: „Wir in Indien haben eine Redensart: „Du sollst den Papa nicht vor dem Abend loben“, oder „Die Kuh ist heilig, deshalb kommt das Pferd auf den Herd“, während das Tantchen bange die Keksdose umklammerte, war im Saal des Lachens kein Ende.

Quelle: Groß-Gerauer Echo vom 01.11.2021 – Text: Charlotte Martin – Bild: Möllenberg