Medienecho
Bittersüßer Blues auf hessisch im Café Extra
Der Blues-Abend im Café Extra war so lauschig und familiär, als säßen das Musikerduo und sein Publikum bei kessem Gebabbel in der Wohnstube beisammen. Ohne Allüren und Brimborium legten die Altmeister des hessischen Blues los – Bodo Kolbe aus Mörfelden-Walldorf und der Frankfurter Rainer Weisbecker: Nicht weniger als zwölf Instrumente hielten sie griffbereit – Gitarren und andere Zupfinstrumente, Mundharmonika und Konzertina.
Das Corona bedingt kleine Publikum von 34 Gästen erlebte einen Bluesabend mit handgemachten Songs vom Feinsten: „Zwischen Latweje un Latwersch“. Unverfälschtes Gebabbel, bei dem Kolbe und Weisbecker an Anekdoten aus renitenten Kindertagen und Histörchen zum kurvigen Lebenslauf nicht sparten, rahmte den Abend der berührenden Bluessongs kurzweilig ein.
Kolbe und Weisbecker kennen sich. Da reicht ein Wink oder ein Kopfnicken zur Verständigung. Bei Bluesfestivals machte dieses Mundart-Blues-Duo schon oft von sich reden.
Freilich fehlten im Programm Bodo Kolbes legendäre Songs aus den siebziger Jahren nicht – etwa „Mer speele de Bluus“ oder „B 44“ wie auch „Haam zu dir“, die ihn als einen der Begründer des deutschen Blues auszeichnen.
Karten gibt es online auf www.cafeextra.de oder beim Fachdienst Kultur der Gemeinde Büttelborn montags 8 bis 12 und 14 bis18 Uhr, Dienstag bis Freitag 8 bis12 Uhr. (lot)
Auch an seine 1979 gegründete Band „Dood un Deiwel“ und an die 1984 entstandene Bluesband „Saure Gummern“ erinnerte Bodo Kolbe, spielte mit Rainer Weisbecker den Song „Uff Deiwel kumm raus“ und andere Lieder der frühen Jahre.
Auch vom waschechten Weisbecker-Blues gab es eindrucksvolle Proben. Berührend und frech zugleich war der Song „Babbische Finger“, der vom kleinen Bub mit klebrigen „Ladweje-Fingern“ erzählt, um das Kerlchen dann in reiferen Jahren als ölbekleckerten Motorrad-Freak zu skizzieren. Schlusspointe des Liedes waren die Strophen vom reichen Schurken, dem das dreckige Geld an den Fingern klebt, als er an die Himmelspforte klopft: „Mach disch vom Acker, aber schnell – ab mit dir in die Hell“, kommandiert Petrus ihn an den Ort der Verdammnis. Auch Weisbeckers „Mainhattan-Blueswalzer“ mit melancholischer Bluesharp ging zu Herzen.
Weisbecker, den Gästen aus dem Ried nicht ganz so wohlbekannt wie Bodo Kolbe, ist als bekennender „Frankforter“ mit Liedern, Gedichten und Geschichten sowie vor allem mit eigens kreiertem Dialekt-Blues und als Gitarrist in Blues-Bands hervorgetreten. Seit 2017 ist er Träger des Ordens „Der lachende Frankforter.“ Gitarren, Konzertina und Mundharmonika spielte er souverän und hingebungsvoll, ergänzte sich mit Bodo Kolbe famos.
Bittersüß und lebenserfahren erzählten die beiden mit originärem Blues von den kleinen und großen Dramen des Lebens – von Armut, Freiheit, Liebe und Sehnsucht und vom Blues am Küchentisch bei Nacht: „Mer werd alt wie e Haus un lernt immer noch net aus.“
Quelle: Groß-Gerauer Echo vom 14.09.20 – Text: Charlotte Martin – Bild: Marc Schüler