Medienecho

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Lustig-Nachdenkliches mit Lucy van Kuhl in Büttelborn

Zwischen gestern und heute, zwischen heute und morgen oder auch zwischen den Jahren. Dem Begriff „Dazwischen“ widmete sich am Sonntagabend Lucy van Kuhl, die auf der Kleinkunstbühne des „Café Extra“ in Büttelborn mit ihren Chansons am Klavier begeisterte und sich mit der Frage beschäftigte, ob wir nicht alle ab und an ein „bisschen dazwischen“ sind.

Energiegeladen, komisch, aber auch zum Nachdenken anregend, präsentierte Lucy van Kuhl alias Corinna Fuhrmann ihr kabarettistisch-musikalisches Programm und stellte unter Beweis, dass man gerade bei Alltagssituationen aus dem Vollen schöpfen kann. Stets im Mittelpunkt dabei der Begriff „Dazwischen“, mit dem nicht nur der räumliche, sondern auch der zeitliche Abstand und damit einhergehend die verschiedensten Situationen beleuchtet wurden.

Mit „Ein Hoch auf die Distanz“ gelang der Entertainerin ein mehr als gelungener Einstieg, wobei festgestellt wurde, dass Abstand auch etwas Gutes hat. Etwa zum fremden Toilettensitz oder zum Auto vornedran. Dass die Pandemie auch sie angeregt habe, sich mit „Dazwischen“-Zuständen zu beschäftigen, erzählte van Kuhl. Denn die Frage nach der Qual der Wahl erledigte sich – gerade am Anfang der Pandemie – oft von selbst. Etwa dann, wenn das letzte Klopapier im Discounter gerafft wurde und man sich wenig Gedanken darüber machen musste, ob drei- oder gar fünflagige Blätter die Pflege des Allerwertesten übernehmen sollten. Den zeitlichen und räumlichen Zustand besang die Kölner Kabarettistin und Entertainerin in „Nirgendwo ist Hamm“. „Es fährt ein Zug nach nirgendwo und nirgendwo ist Hamm. Warum bin ich hier gestrandet und nicht in Amsterdam“, so der Refrain des Songs, der weder „Die Bahn“ noch die westfälische Stadt in einem freundlichen Licht erscheinen ließen.

Leise und melancholisch dagegen die Hommage an den Berliner Fernsehturm. Als Konstante in ihrem Leben beschrieb Lucy van Kuhl das Berliner Wahrzeichen, das vermittele: Solange es blinkt, ist alles gut. Im „Dazwischen“-Zustand auch „Das Lesezeichen“, das zwischen den Seiten liegt und von Technik und virtuellen Lesezeichen bedroht wird, wobei am Ende des Liedes der Aufruf erklang: „Rettet Lesezeichen durch Buchdruck und kauft kein E-Book.“ Zur Poesie und Nostalgie in Lucy van Kuhls Chansons gesellte sich stets ein Körnchen Wahrheit. Und die Momente des Alltags mit ihren Banalitäten und selbst gemachten Problemen wurden so dargestellt, dass sich jeder darin wiederfinden konnte und es dem Publikum so gelang, über sich selbst zu schmunzeln.

Dem Alltag entfliehen und einfach mal loslassen, wie in „Tanz“, oder die Frage, wohin die Liebe geht, wenn sie durch den Magen gegangen ist, stellte sich sicher auch der ein oder andere Zuhörer schon mal. Lachtränen flossen bei „Dafür hab ich auch bezahlt“, das die Kreuzfahrt als Rettung der Ehe in einem eher schlechten Licht erschienen ließ. Wobei der Sturz über die Reling doch diskreter sei als der Föhn in der Badewanne, wie die Künstlerin treffend bemerkte.

Gut gelaunt und um die Erkenntnis reicher, dass jeder im ständigen Hin und Her gefangen ist und die Qual der Wahl zum Alltag gehört, wie zahlreiche andere „Dazwischen“-Zustände, wurde das Publikum in den Abend entlassen. Festgestellt werden konnte dabei, dass es Lucy van Kuhl mit ihrem Musikkabarett einerseits gelang auf „Augenhöhe“ zu kommunizieren, andererseits im Kopf der Besucher ein Kopfkino entstehen ließ, das trotz des Wortwitzes und Humors dazwischen immer wieder zum Nachdenken anregte.

                                               

Quelle: Groß-Gerauer Echo vom 28.09.2021 – Text: Daniela Ammar – Bild: Samantha Pflug