Medienecho

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Zauberhafte Illusionen

„Ausverkauft“, verkündete eine glückliche Jana Schäfer auf der Kleinkunstbühne im Büttelborner Café Extra: Für den Fachdienst Kultur begrüßte sie zum Programmauftakt gut 80 Gäste – eine Freude, die ihr seit Beginn von Corona nicht mehr vergönnt war. Ohne Masken, ohne Abstand machte es sich das Publikum an Bistrotischen bequem: Im Rahmen der Halbjahresreihe „Frauenpower“, die allein Künstlerinnen eine Bühne bietet, machte die Zauberin Michelle Spillner den Auftakt. „Frauen sind auch unter Kabarettisten, Artisten und Zauberern noch immer in der Minderheit“, begründete Jana Schäfer das Konzept. Michelle Spillner erklärte dazu am Rande der Show: „Ich bin Vizepräsidentin des Magischen Zirkels Deutschland, der 2800 Mitglieder hat. 200 davon sind Frauen, die bei Zaubershows assistieren. Als eigenständige Profis sind wir nur vier Frauen.“ Und dann bezauberte sie die Gäste mit Charme, geistreicher und kesser Moderation sowie mit betörenden Illusionen. „Alles Lüge – echt wahr!“ heißt ihr Programm. „Ich habe nicht erwartet, dass Sie kommen würden, bloß, um belogen zu werden. Denn gelogen wird ja jeden Tag. Die Lüge ist das Salz in der Suppe des Lebens“, eröffnete sie das magische Potpourri und spann mit Amüsement das Band zum Publikum. Sie ließ lächelnd und plaudernd mit leichter Hand ein rotes Tüchlein in ihrer geballten Hand verschwinden und zauberte ein Ei hervor „Ich verrate Ihnen den Trick, aber nicht weitersagen!“ Gesagt, getan – schade eigentlich, wenn eine Illusion wie eine Seifenblase zerplatzt. Doch freilich setzte Spillner sogleich ein weiteres Wunder drauf: Aus dem hohlen Zauberei wurde ein echtes, dessen Schale sie aufschlug, sodass der Dotter goldgelb im Glase schwamm. Wie war das bloß möglich? Verblüffende Tricks wurden unter Assistenz von Besuchern präsentiert, wobei einer zum Gedanken lesenden Medium gekrönt wurde und ein anderer erleben musste, wie sein Geldschein in Flammen aufging. Dass er das Geld hernach unversehrt zurückbekam, blieb eines der wunderbaren Rätsel. Besucher Peter mutierte auf der Bühne zum „Magic Peter“, als Spillner ihre Arme von hinten in die lose hängenden Ärmel seines Sakkos schob, um mit Seilen und Spielkarten vor seiner Brust Tricks zu vollführen, die wirkten, als führe der ahnungslose Peter sie selbst aus. Der heitere Abend machte auf beglückende Weise staunen. „Wenn es stimmt, dass die Fähigkeit zu staunen der Anfang aller Weisheit ist, dann wirft das ein trauriges Licht auf die Weisheit des heutigen Menschen. Wir mögen über eine noch so hohe Bildung verfügen, die Gabe, über etwas staunen zu können, haben wir verloren“, brachte Spillner mit Worten von Erich Fromm den Wert des Staunens auf den Punkt. Besucherin Birgitt Lehnen sagte: „Ich bekam die Karte für die Show geschenkt. Eigentlich lockte mich Zauberei gar nicht.“ Doch sie setzte hinzu: „Ich bin überrascht. Michelle Spillner ist eine ganz tolle Frau.“ Das Konzept, die Bühne ein Halbjahr für Frauenpower zu reservieren, sah sie indes kritisch: „Ich finde das genauso diskriminierend wie andersrum.“

 

Quelle: Groß-Gerauer Echo vom 23.01.2023 – Text: Charlotte Martin – Bild: Café Extra